Geschichte

Zeitstrahl: 1928 n. Chr.

Karte: Seerose

Autor: Simon Steiner


Das Strandbad Seerose kurz nach der Eröffnung. (Stadtarchiv Baden, Q.11.3.17.9)
Das Strandbad Seerose kurz nach der Eröffnung. (Stadtarchiv Baden, Q.11.3.17.9)

Spiel, Sport und Erholung am See

Das Strandbad Seerose von 1928 als Freizeitattraktion

 

«Ein idyllisches Strandbad ist – nachdem es seit Wochen vor der Eröffnung schon benutzt wurde –dieser Tage nun fertig geworden und definitiv eröffnet worden […]. An der Stelle, wo neben dem Restaurant Seerose sich früher ein liebliches Buchenwäldchen ausbreitete, tummeln sich heute täglich hunderte froher Licht-, Sonnen-, und Wasserbadender.» Mit diesen Worten machte die Neue Zürcher Zeitung ihre Leserschaft am 3. August 1928 auf das neue Strandbad Seerose in Meisterschwanden aufmerksam. In einer Bauzeit von wenigen Monaten war am Hallwilersee eine Anlage entstanden, die bereits vor ihrer offiziellen Eröffnung zur Attraktion wurde.

Wasser, Sand und Wiesen bieten viel Raum für Spiel und Erholung. (Stadtarchiv Baden, Q.11.3.17.12)
Wasser, Sand und Wiesen bieten viel Raum für Spiel und Erholung. (Stadtarchiv Baden, Q.11.3.17.12)

Meisterschwanden lag damit im Trend. In den 1920er-Jahren gab es in der Schweiz einen eigentlichen Strandbad-Boom. Die gesellschaftliche Aufbruchstimmung nach dem Ersten Weltkrieg nahm nicht nur lebensreformerische Ideen wie das Licht- Luft- und Sonnenbad auf, sondern beförderte auch die Sportbewegung. An allen grösseren Schweizer Seen entstanden Badeanlagen, die durch den Einbezug von Wiesen im Unterschied zu früheren Einrichtungen auch Platz für Sport, Spiel und Sonnenbad boten.

Mit der Bahn zum Bad

Die Initiative zum Bau des Strandbades Seerose ging von der Direktion der Wohlen-Meisterschwanden-Bahn (WM) aus, die von einem neuen Publikumsmagnet am Hallwilersee eine Erhöhung ihrer Passagierfrequenz erhoffte. Die Ortsbürgergemeinde stellte das Land im Baurecht zur Verfügung, als Betreibergesellschaft wurde eine AG gegründet. WM-Direktor Max Haerry übernahm die Geschäftsführung und das Präsidium im Verwaltungsrat, dem unter anderen Vertreter von Gemeinde und Dampfschiffgesellschaft sowie Seerose-Wirt Hans Siegrist angehörten.

Der Sprungturm für die Wagemutigen. (Stadtarchiv Baden, Q.11.3.17.11)
Der Sprungturm für die Wagemutigen. (Stadtarchiv Baden, Q.11.3.17.11)

Die Umkleidekabinen grenzten die vom Zürcher Architekten Eugen Bronner geplante Anlage gegen aussen ab. Zum Innenbereich gehörten ein Sandstrand, ein Rasen mit einzelnen Bäumen und eine einfache, von den Seerose-Gastgebern betriebene alkoholfreie Wirtschaft. Im See lockten Flosse, Paddelboote und ein Sprungturm zum spielerischen Badevergnügen. Neben dem Bad wurden Parkplätze für Automobile und Velos angelegt, Badekleidung und -tücher konnten vor Ort ausgeliehen werden.

 

Das Strandbad-Projekt diente nicht nur wirtschaftlichen Interessen, sondern hatte auch einen willkommenen Nebeneffekt. Mit der Anlage, bei der Eintrittsgeld verlangt wurde und wo klare Regeln galten, konnte der Badebetrieb am oberen rechten Seeufer zumindest teilweise in geordnete Bahnen gelenkt werden. «Bei zweckmässiger Einrichtung und richtigem Betrieb kommt dabei gewiss viel weniger Anstössiges vor, als in den gegenwärtigen offenen Badplätzen, deren sich allerhand Wandervögel bedienen», hatte der Anzeiger vom Lindenberg bereits 1927 während der Planungsphase geschrieben. Im Juni 1928 konnte das Lokalblatt mit spürbarer Genugtuung festhalten: «Im Strandbad Meisterschwanden ist’s herrlich. Da herrscht tadellose Ordnung.»

Im Uferbereich des jungen Standbades. (Stadtarchiv Baden, Q.11.3.17.5)
Im Uferbereich des jungen Standbades. (Stadtarchiv Baden, Q.11.3.17.5)

Die Konzentration des Badebetriebes auf wenige Plätze hatte noch einen weiteren Vorteil. Naturschützer hatten schon früh auf die Belastung für Uferzonen gemacht, die mit der stark wachsenden Nutzung des Sees für Freizeitaktivitäten in der Zwischenkriegszeit einherging. 1935 führte dies zum ersten Hallwilersee-Schutzdekret. Im gleichen Jahr erfolgte mit dem Arbeiterstrandbad Tennwil die Eröffnung eines zweiten offiziellen Seebades in der Gemeinde Meisterschwanden.

Hotspot mit nostalgischem Charme

Das Strandbad Seerose etablierte sich rasch als beliebter Freizeittreffpunkt in den Sommermonaten und als Ausflugsziel für Einheimische und Auswärtige. Seit der Eröffnung wurde die Anlage schrittweise modernisiert, bewahrte aber ihren ursprünglichen Charakter weitgehend. 1954 erfolgte ein grösserer Umbau, im Winter 2007/08 ein Innenumbau des von Pächtern betriebenen Restaurationsgebäudes. Seit 2001/02 geniesst der Ruderclub Hallwilersee mit einem eigenen Bootshaus Gastrecht im Strandbad. Die AG Strandbad, deren Trägerschaft überwiegend aus privaten Aktionären besteht, investiert regelmässig in den Substanzerhalt, die sanfte Erneuerung und die Sicherheit der Anlage.

Das Strandbad als Attraktion am See. (Fremdenführer Seethal & Oberwynenthal von 1929, S. 16)
Das Strandbad als Attraktion am See. (Fremdenführer Seethal & Oberwynenthal von 1929, S. 16)

Mit seinem inzwischen nostalgischen Charme hat das Strandbad auch im 21. Jahrhundert nichts von seiner Popularität eingebüsst und verzeichnet an guten Tagen weit über 1000 Eintritte. Damit trägt es seinen Teil dazu bei, dass das Parkplatzmanagement am See für die Gemeinde zur Herausforderung geworden ist. Neben den Besuchern aus der näheren Umgebung ist der Hallwilersee insbesondere bei Badegästen aus der Nordwestschweiz und dem grenznahen süddeutschen Raum beliebt, wo ein grösserer See fehlt. (sst)

Quellenangabe